On a clear, bright day the view must be glorious, as the colours of the sound and bush and distant peaks from such a height must indeed be splendid. (J. R Dennistoun, New Zealand Alpine Journal, 1956)
So ist es! An einem der eher seltenen schönen Tage im Milford Sound ist der Blick vom Gipfel des Mitre Peak einzigartig. Die schiere Exposition des Gipfels trägt dazu bei, er fällt fast vertikal über 1600 Meter ins Meer hinab, ebenso wie die Sicht auf den Sound, das Meer und die vergletscherten Gipfel des Mount Pembroke und Mount Tutoko. Das obige Zitat stammt aus der Beschreibung der Erstbesteigung des Mitre Peak im Jahre 1909 durch James Robert Dennistoun.
Nach einem sehr nassen ersten Versuch bei dem unser Zelt am Fuß des Berges nachts um vier geflutet wurde (unglücklicherweise bildete sich dort wo das Zelt stand ein kleiner Bach), standen wir bei diesem zweiten Versuch bei strahlenden Sonnenschein auf dem Gipfel des Mitre Peak. Gutes Wetter ist in Milford Sound eher rar gesäht mit etwa 180 Regentagen und 7000 mm Regenfall pro Jahr (In Bern und Zürich fallen in etwa 1000 mm pro Jahr). Der Aufstieg zum Gipfel ist ein Erlebnis. Nach einer Bootspassage zum Ausgangspunkt am Sindbad Gully folgt ein abenteuerlicher Aufstieg durch dichten Duschungel, in dem man sich an Wurzeln hochzieht, zwischen riesigen Farnen, immer der Gratschneide entlang. Oberhalb der Buschgrenze wird es ausgesetzt, hier fällt der Berg bis zu 1600 m fast vertikal in den Sound hinab. Ein Bergführer erzählte uns, dass er miterlebt hat wie versehentlich ein Rucksack vom Gipfel die Wand heruntergestoßen wurde. Dieser soll einmal den Fels berührt haben, bevor er dann mehr als 1,5 km tiefer auf der Wasseroberfläche auftraf. Die Ausgestetztheit ist anhaltend und erfodert Konzentration für mehrere Stunden im Auf- und Abstieg. Eine kurze Stelle, nach einer Einkerbung im Grat, bewegt sich im 3. Grat. Ansonsten besteht der obere Teil aus recht ausgesetzter, aber einfacher Kletterei. Der Ausblick vom Gipfel ist grandios, weit unter einem der Milford Sound, das Meer und die steil abfallenden Wände der benachbarten Berge. Wir haben oben oberhalb der Buschgrenze campiert und am nächsten Morgen befand sich ein riesiges Wolkenmeer unter uns. Die Besteigung einer der ikonischten Berge von Neuseeland ist ein ein richtiges Abenteuer am sonst gut erschlossenen Milford Sound.
Routenbeschreibung
Der Zugang erfolgt von Milford Sound entweder mit Wassertaxi von Roscos Kayaks (120$ return inklusive Funkgerät für die Tour) oder selbst organisiert per Kayak/Schlauchboot. Der Weg zum Mitre Peak ist nicht durchgängig markiert, allerdings existiert ein Trampelpfad durch den Busch, der in den nächsten Jahren vermutlich immer besser werden wird und bereits jetzt gut begehbar ist. Der Pfad ist sporadisch mit Plastikband und rotem Stoffband markiert, allerdings nur an einzelnen Stellen, so dass eine Wegsuche an Stellen durchaus nötig wird. Generell verläuft der Weg immer an der Gratekante, die sich bis zur Buschrenze auf etwa 1000 Metern erstreckt. Hat man den Grat verlassen, so ist man mit großer Wahrscheinlichkeit einer der falschen Abzweigungen gefolgt, von denen einige existieren. Wir sind beispielsweise beim Aufstieg direkt hinter dem Footstool falsch abgebogen (kurzer Abstieg) und hier in einer Sackgasse auf der Soundseite des Berges gelandet. Hier hält man sich im Zweifelsfall besser auf der Seite des Sindbad Gully. Insbesondere beim Abstieg unterhalb der Buschgrenze ist die Chance hoch sich zu verlaufen. Wenn man vom Zeltplatz absteigt sollte man sich ebenfalls auf der Sindbad-Seite halten. Der deutlich ausgetretene Abstieg auf der Sound-Seite ist ebenfalls eine Sackgasse.
Unten an der Küste ist der Start des Weges mit gelben Plastikband markiert. Hier lohnt es sich den Einstieg zu suchen, da der Weg das Fortkommen deutlich erleichtert. Direkt am Anfang verläuft der Weg in einer Art Rinne und man kriecht unter einem gefallenen Baum hindurch. Über einen recht steilen und bei nassen Bedingungen sehr rutschigen Weg erreicht man P. 541. Von hier folgt der Weg der Gratschneide bis zum Footstool (835 m) bei deutlich geringerer Steigung. Nach diesem folgt ein kurzer steilerer Abstieg (auf der Sindbad-Seite halten) und nach diesem erreicht man einen ebenen Teil des GratesHier bieten sich wenige Möglichkeiten zum campieren, sowie ein Topf, aus dem Wasser genommen werden kann, soweit er voll ist. In dieser Gegend soll sich auch ein Tümpel befinden, den wir allerdings nicht gefunden haben. Nun erfolgt wieder etwas steiler der Anstieg zur Buschgrenze. Kurz oberhalb der Buschgrenze befinden sich zahlreiche Möglichkeiten zum biwakieren, hier finden bestimmt 8 oder mehr Zelte Platz.
Es folgt der anspruchvollere und ausgesetze Teil des Aufstieges. Über einen steilen und noch grasigen Teil des Grates gewinnt man einen ebenen Gratbereich. Dieser erfordert ein wenig sehr leichte Kletterei, ich habe ihn als unschwer in Erinnerung. Danach folgt ein kurzer Abstieg in eine Einkerbung des Gratverlaufes. Der nun folgende Anstieg ist die Schlüsselstelle der Besteigung. Etwa 20 m erfordern Kletterei im III. Grat. Danach nimmt die Schwierigkeit ab, es bleibt allerdings ausgesetzt. Kurz vor dem Gipfel folgt eine zweite steilere Stufe, bevor es in leichtem verblockten Gelände auf den Gipfel geht. Der Abstieg verläuft entlang der Aufstiegsroute. Interessanterweise ist der Gipfel des Mitre Peak nicht der höchste Punkt des Grates (P. 1721), der sich ein gutes Stück weiter Richtung Meer befindet. Dieser High Peak scheint allerdings sehr selten besucht zu werden und P.1683 als Gipfel erachtet.
Wir und alle anderen Gruppen, die mit uns am selben Tag den Gipfel bestiegen haben sind am ersten Tag von Meereshöhe auf den Gipfel gestiegen und haben nach der Besteigung auf dem großartigen Biwakplatz oberhalb der Baumgrenze übernachtet. Abgestiegen zurück zum Sindbad Gully sind wir am nächsten Tag.
Material: Viel Wasser! Sehr untypisch für Neuseeland findet man auf der gesamten Route kein natürliches Wasser. Für zwei Tage sollte man etwa 4-5 l pro Person einplanen. Weiteres: 40m-Seil, Klettergurt, Helm, Schlingen und kleines Keilset zur Absicherung (Wir haben das gesamte Material hoch und wieder runter getragen ohne es zu benutzen (außer den Helm), dennoch waren wir froh es dabei zu haben um im Notfall sichern zu können. An unserem Besteigungstag hat nur eine von mehreren Gruppen gesichert, bei großer Trittsicherheit und Klettererfahrung könnte demnach auf Sicherungsmaterial verzichtet werden).
– Diagramm der Route
– Detaillierte Routenbeschreibung in Englisch